Kinderbuch. Illustrationen von Angela Holzmann. Hase und Igel Verlag 2012. Ab 8 Jahren.

Dazu erhältlich: Materialien und Kopiervorlagen zur Klassenlektüre. Anja Engelhardt. Hase und Igel Verlag 2012

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Inhalt

Timo verbringt seine Ferien bei seinem Vater und muss dort mit Leonie, der Tochter von dessen Lebensgefährtin, zurechtkommen. Als Leonie in einer Höhle ein Loch gräbt, um für ihre Rallye einen Schatz zu vergraben, entdecken die beiden Kinder eine kleine Mammutfigur aus Elfenbein. Unversehens finden sich Timo und Leonie in der Altsteinzeit wieder und müssen sich in einer völlig veränderten Umwelt allein durchschlagen. Zum Glück treffen sie auf Menschen …
Eine spannende Geschichte, die ganz nebenbei einen sachlich genau recherchierten Einblick in das altsteinzeitliche Leben gibt.

Über die Entstehung

Schon als Kind dachte ich mir Geschichten von „Höhlenmenschen“ aus und stellte mir vor, in der Steinzeit zu leben. Als Erwachsene begann ich mich mit Archäologie zu befassen. Noch immer üben die Höhlen der Schwäbischen Alb eine starke Faszination auf mich aus – vor allem aber die in ihnen ausgegrabenen kleinen altsteinzeitlichen Elfenbeinfiguren. So wurde die jüngste Entdeckung eines an die 40 000 Jahre alten Kunstwerkes, der „Venus vom Hohle Fels“ in der Nähe von Blaubeuren, zum Anstoß, mich erneut mit der Altsteinzeit zu beschäftigen und die Geschichte einer Zeitreise zweier heutiger Kinder in jene Epoche zu schreiben.

Rezensionen

„Erst hat sich Timo noch mit der Tochter der Freundin seines Vaters gestritten, fallen sie beide wenig später in ein tiefes Loch – und mitten in die Steinzeit. […] Gabriele Beyerlein, preisgekrönte Autorin von Jugendbüchern mit historischem Hintergrund, legt mit „In die Steinzeit und zurück“ eine Erzählung vor, die so überzeugend wie anschaulich dem Leben von Steinzeitmenschen auf die Spur zu kommen sucht. […] Einerseits ein schöner Ferienschmöker, drängt sich dieses mehr als preiswerte und vergleichsweise schmale Buch geradezu als Klassenlektüre für den Geschichtsunterricht auf.“ (Ulrich Karger 2012 auf Büchernachlese).

In einem Artikel über die Buchvorstellung von „In die Steinzeit und zurück“ im Rahmen des Literatursommers 2012 in Blaubeuren resümiert Eva Menner nach der Feststellung, dass das Buch – dank der Zusammenarbeit der Autorin mit Stefanie Kölbl, der Leiterin des Urgeschichtlichen Museums Blaubeuren – keine wissenschaftlichen Fehler enthalte: „Herausgekommen ist ein spannendes Buch“ (www.blaumaennle.de).

Leseproben

Ich fasse es nicht. Eben waren wir noch in einer hellen, harmlosen Höhle, in die man einfach hineinspazieren konnte, und nun sind wir plötzlich tief unten in einem finsteren Schacht. Beinahe senkrecht gehen die Wände hoch – acht Meter, zehn, zwölf, was weiß ich. Und nur ganz oben, fast an der Decke, ist eine kleine Öffnung, durch die etwas Licht hereinfällt. Viel zu hoch oben, um sie zu erreichen. Viel zu klein, um hindurchzukriechen.
„Hier kommen wir nie wieder raus“, wimmert Leonie.
Mir ist kalt. In meinem Kopf ist es leer. Dann ist da plötzlich ein Gedanke. Aber der ist so verrückt …
„Timo?“ Leonie stößt mich mit dem Ellbogen an. „Hast du dein Handy dabei?“
Mein Handy – na klar! Ich ziehe es aus meiner Hosentasche. Das Display ist schwarz. Ich schalte es aus und wieder ein. Es bleibt schwarz.
„Kein Empfang“, murmle ich.
„Wie – kein Empfang?“, fragt Leonie. Ihre Stimme klingt ganz heiser.
„Na ja“, ich räuspere mich, „oder einfach kein Saft drauf. Obwohl ich genau weiß, dass ich es aufgeladen habe.“
Leonie gibt einen Laut von sich, der wie ein Schluchzen klingt. Dann beginnt sie, um Hilfe zu rufen.
Da stimme ich ein: „Hilfe! Wir sind in der Höhle! Hilfe!“
Wir schreien, bis wir keine Stimme mehr haben.
Wenn es nur nicht so dunkel wäre! Ich suche den Boden nach der Taschenlampe ab, aber ich finde nur Steine.
„Siehst du das auch?“, fragt Leonie plötzlich und streckt die Hand aus.
Meine Augen haben sich inzwischen ans Dunkel gewöhnt. Da, wo es vorhin nur schwarz war, erkenne ich jetzt so etwas wie einen Schutthaufen. Er steigt an der Höhlenwand an. Oben aber, wo die schiefe Ebene in die senkrechte Wand übergeht, ist etwas …
Leonie springt auf. „Ich glaube, da oben ist ein Spalt! Vielleicht ein Ausgang!“ Schon beginnt sie die Schräge hinaufzuklettern. Ich kraxle hinterher, erreiche die Höhe, eine finstere Öffnung tut sich vor mir auf – ein Höhlengang!
Leonie hat sich bereits hineingeschoben. „Halte mich, zur Sicherheit, falls es hier einen Abgrund gibt!“, befiehlt sie.
Ich nehme ihre Hand und taste mich hinter ihr in den Gang. Ehrlich gesagt bin ich ganz froh, ihre Hand zu spüren.
Es geht bergauf, dann plötzlich stehen wir vor einer Wand. Doch nein – von rechts kommt ein ganz schwacher, kaum wahrnehmbarer Lichtschimmer, dort können wir weiter! Vorsichtig arbeiten wir uns durch die Windungen des Ganges voran. Er wird heller und breiter. Jetzt können wir sogar nebeneinanderher gehen. Und dann sehen wir das rötliche Sonnenlicht – ein Ausgang!
Ich stürze darauf zu. Stehe draußen, strecke die Arme zum Himmel und stoße einen lauten Schrei aus.
Leonie fällt in meinen Freudenschrei ein. Wir lachen und heulen und hüpfen herum. Doch plötzlich bleibt Leonie stehen und starrt mit offenem Mund in die Ferne. Ich schaue mich um. Ich sehe nichts Besonderes, nur Landschaft. Aber …
Keine Spur von dem Dorf. Auch nicht von der Fabrik und der Straße im Tal. Oder von dem Wald auf den gegenüberliegenden Berghängen.
Keine Spur von einer Wiese oder von Bäumen und Hecken auf unserem Hang.
Nur Schutt und Geröll, Steinplatten und Felsbrocken und dazwischen Flechten und kleine Blümchen. Und unten im Tal ein paar verkrüppelte Kiefern und zerzauste Sträucher und ein breites Flussbett voller Steine, zwischen denen sich das Wasser in verschiedenen Rinnsalen seinen Weg sucht.
„Das gibt es doch nicht!“, stößt Leonie tonlos hervor.
Ich versuche eine Erklärung. Aber schon während ich sie ausspreche, weiß ich, dass sie nicht stimmt: „Der Höhlenausgang hat uns eben auf die andere Seite des Berges geführt.“
„Nie und nimmer! Hier gibt es keine andere Seite des Berges! Wenn man den Hang hinter unserem Haus hinaufgeht, ist oben doch die Hochfläche! Und die reicht ewig weit.“
Ich sage nichts mehr.
Leonie schaut nach allen Seiten. Schüttelt immer wieder den Kopf. Schließlich zeigt sie hinter uns. „Die Felsen hier … Sie sehen ein bisschen anders aus. Aber ich glaube, es sind doch die Felsen über unserem Dorf. Und die Berge dort drüben, eigentlich müsste da Wald sein – aber der Form nach sind es doch unsere Berge. Und der Fluss, irgendwie kommt es mir vor, als läge er tiefer unten. Vor allem ist er viel breiter und flacher, und dann dieses ganze Geröll – aber trotzdem … Es klingt verrückt, aber ich glaube, wir sind hier trotzdem in unserem Tal!“
Ich habe es die ganze Zeit gewusst. Nur glauben wollte ich es nicht.
„Ich …“, beginne ich, doch da verschlägt es mir die Sprache. Dort unten am Fuße des Hangs taucht hinter einer Erhebung etwas auf. Etwas Riesengroßes. Und noch etwas und noch etwas. Schreitet dort ganz gemächlich über die Steine, tritt das kümmerliche Grünzeug mit seinen Riesenfüßen platt, rupft etwas mit seinem Riesenrüssel aus, steckt es sich in sein Riesenmaul, das man vor lauter zotteligem Fell kaum sehen kann, und reckt dabei seine rundgebogenen Riesenstoßzähne in die Höhe.
Ein Mammut! Und noch eins und noch eins.
Zitternd taste ich hinter mich und lasse mich auf einem Stein nieder.
Ein paar hundert Meter von uns entfernt ziehen drei Mammuts zum Fluss. Zwei weitere und ein Junges folgen ihnen – Tiere, die seit Ewigkeiten ausgestorben sind.
„Sag, dass das nicht wahr ist!“, stöhnt Leonie.
Ich schaue zu den Mammuts hinunter. Sie sind an dem kleinen Fluss angekommen, trinken aus einer der Wasserrinnen, spritzen sich mit dem Rüssel Wasser auf den Rücken. Dann ziehen sie den gleichen Weg zurück und verschwinden.
„Ich habe so ein Buch“, sagt Leonie zögerlich, „das handelt von zwei Kindern, die in die Vergangenheit geraten.“
Ich nicke. „Ich habe vorhin angefangen es zu lesen.“
Leonie fährt fort: „Ich habe ja gedacht, das ist nur so eine Geschichte. So was gibt es doch nicht in echt!“
„Gibt es aber doch“, antworte ich.
„Ja“, bestätigt Leonie.
Wir sehen uns an. „Wir sind in der Steinzeit“, sagen wir beide wie aus einem Mund.

(„In die Steinzeit und zurück. Eine abenteuerliche Zeitreise.“ Hase und Igel Verlag 2012, Seite 16 – 21)