Kinderbuch. Illustrationen von Marc Robitzky. Hase und Igel Verlag 2014. Ab 8 Jahren. Dazu erhältlich: Materialien und Kopiervorlagen zur Klassenlektüre von Sybille Harms-Fitzner. Hase und Igel Verlag 2014.

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Inhalt

Während seine Freundin Lea den Sommerurlaub am Meer genießen kann, musste Leo mit seinen Eltern wegen seiner Mittelohrentzündung zu Hause bleiben. Die Besichtigung einer Burg in Oberbayern kann ihn darüber nicht hinwegtrösten. Doch plötzlich taucht in einer Burgpforte ein seltsam gekleidetes Mädchen auf – Lea?! Leo will zu ihr, tritt durch die Tür und findet sich plötzlich im Mittelalter wieder. Ein großes Abenteuer beginnt …

Eine spannende Geschichte, die ganz nebenbei einen sachlich genau recherchierten Einblick in das spätmittelalterliche Leben gibt.

Über die Entstehung

An einem schönen Sommertag besichtigte ich die Burg von Burghausen, die längste Burg der Welt. Ich fing sofort Feuer. Mein nächstes Buch muss hier spielen, dachte ich mir. Daheim vergrub ich mich in Bücher über das Leben im Spätmittelalter, und dann kehrte ich nach Burghausen zurück. Die Idee zu der Geschichte entstand in mir, während ich in der Stadt und der Burg recherchierte …

Rezensionen

Ulrich Karger schreibt in Büchernachlese u.a.: „Gabriele Beyerlein, preisgekrönte Autorin von Jugendbüchern mit historischem Hintergrund, lädt mit „Ins Mittelalter und zurück“ zu einer weiteren Zeitreise ein. In dieser Erzählung „erlebt“ Leo am eigenen Leib sehr anschaulich, was das Leben am Ende des 15. Jahrhunderts bestimmt hat. […]Auch wenn sich diese spannende und von Marc Robitzky detailliert illustrierte „Zeitreise“ dann nur als Traum erweist – dem die Autorin aber noch ein kleines Fragezeichen anzufügen weiß -, wird die junge Leserschaft ihren Spaß daran haben. Wie schon der Vorgängerband zur Steinzeit eignet sich dieses sehr preiswerte und vergleichsweise schmale Buch darüber hinaus auch als Klassenlektüre für den Geschichtsunterricht, für die Lehrkräfte zusätzlich hilfreiche Materialien und Kopiervorlagen bestellen können.“ (Zitiert mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Karger. Die vollständige Rezension kann hier nachgelesen werden.)

Leseproben

Das Eis ist längst aufgegessen. Ich könnte glatt noch eins verdrücken. Aber auf dem Ohr ist Mama taub. Nur ein Mineralwasser hat sie mir noch spendiert. Nie bekomme ich eine Cola.

Ich sitze mit Mama auf dem kleinen Aussichtsplatz außen vor der Burgmauer, auf den wir durch eine schmale Pforte gekommen sind. Papa ist schon wieder mit seiner Kamera unterwegs. Mama blättert in ihrem Reiseführer. „Der Turm hier hat übrigens als Gefängnis gedient und wird Hexenturm genannt“, erklärt sie. „Aber besichtigen kann man ihn nicht.“

Mal wieder typisch. Kaum ist etwas interessant, darf man nicht rein! Hätte ich ein Smartphone, könnte ich jetzt Spiele machen, dann wäre mir nicht so langweilig …

Ich gähne. Ich habe Mühe, die Augen offen zu halten. Ich lehne mich an Mamas Schulter. Da sehe ich jemanden in der Tür, durch die man in den Burghof zurückkommt. Plötzlich bin ich hellwach. Sie ist es: Lea! Wieso ist sie nicht am Mittelmeer? Was macht sie hier? Und wie sieht sie aus!?

Sie hat ein seltsames langes Kleid aus einem grauen Stoff an und eine dreckige Schürze um. Ihre Haare sind nicht offen wie sonst, sondern zu Zöpfen geflochten. Und ihr Gesicht ist voller Flecken, als hätte sie sich mit total schmutzigen Fingern den Schweiß abgewischt.

Einen Moment sieht sie mich an. „Lea!“, will ich rufen. Da ist sie schon wieder verschwunden.

Ich springe auf. In zwei, drei Schritten bin ich bei der Pforte. Durch die Öffnung sehe ich die Stufen, die zum Burghof hinaufführen, einen Baum und den blauen Himmel. Von Lea keine Spur.

Ich trete durch die Tür. Auf einmal wird es ziemlich dunkel und ich höre ein seltsames Geräusch hinter mir. Ich drehe mich um.

Ich fasse es nicht! Hinter mir schließt sich die Wand! Die Tür, durch die ich eben gegangen bin, ist einfach weg! Nichts als Mauerwerk, das ich im Dunkeln kaum erkennen kann. Es kann nicht sein! Ich taste die Wand ab. Rauer, kalter Stein. Überall.

Ich will die Stufen in den Burghof hinauflaufen, Lea hinterher. Aber hier ist keine Lea. Auch kein Burghof, kein Baum, kein Himmel. Hier ist nur eine kurze Treppe, die nach oben in einen düsteren Raum führt.

„Mama!“, rufe ich, „Mama!“ Und dann noch lauter: „Papa!“

Keine Antwort, zumindest nicht die Antwort, auf die ich warte. Eher so etwas wie ein Rascheln und Schnauben. Und dann ein Wiehern.

Ich laufe die paar Stufen hinauf und bleibe stehen. Mache die Augen zu und wieder auf und reibe sie mir. Aber das ändert nichts: Ich bin in einem Pferdestall, einem riesen-, riesengroßen Pferdestall mit gemauertem Gewölbe. Ich schaue einen endlosen Gang hinunter, von dem auf beiden Seiten jede Menge Boxen abgehen, und kann es nicht glauben. Da öffnet sich gegenüber ein Tor und ein Mann führt ein Pferd herein. Ein unglaublicher Kraftbolzen ist es, so wie die Gäule, die am Oktoberfest die Brauereiwagen ziehen. Schnell verstecke ich mich hinter einer Säule. Als der Mann mit dem Pferd in einer Box verschwunden ist, schleiche ich zum Tor und drücke mich hindurch.

Ich bin im Freien. Im Burghof. Doch wie sieht er aus! Dort drüben ist der Folterturm – aber kein Schild mehr von einem Museum und einem Kiosk. Die Gärten und Wohnungen zwischen Folterturm und Hexenturm sind verschwunden, stattdessen sehe ich nur eine Mauer mit einem Wehrgang, unter dem Holz gestapelt ist. Mir gegenüber steht ein Schuppen oder Stall, der vorhin noch nicht da war, ebenso wenig wie ein großes, flach abfallendes Wasserbecken, in das eben zwei Pferde geführt werden. Es ist der Hof, in dem ich mit meinen Eltern war, und er ist es nicht. Das ist doch nicht möglich!

An der Burgmauer arbeiten Männer in komischer Kleidung. Sie sehen aus wie einem mittelalterlichen Handwerkermarkt entsprungen. Ich glaub, ich spinn.

Ich drehe mich um und schaue den Stall an, aus dem ich herausgekommen bin: ein riesiges Gebäude, bestimmt mehr als hundert Meter lang. Es reicht über die ganze Länge des Hofes. Links dahinter muss eigentlich der Hexenturm stehen, aber ich sehe ihn nicht, das Dach des Stalls ist viel zu hoch. Dort irgendwo habe ich eben noch mit Mama auf der Bank gesessen. Und nun …

Ich will den Gedanken nicht denken. Aber ich muss.

(„Ins Mittelalter und zurück. Eine abenteuerliche Zeitreise.“ Hase und Igel Verlag 2014, Kapitel 2)